Ausgerichtet auf Erfolg

Arku aus Baden-Baden steht stellvertretend für den deutschen Maschinenbau, und zwar genau so, wie man ihn sich vorstellt: traditionsbewusst und erfolgreich. Der Betrieb beschäftigt sich mit der Blechverarbeitung seit 1928 und ist seit vielen Jahren Markt- und Technolgieführer im Bereich der Richttechnik. Dass dies ein gutes Geschäft ist, hat vielerlei Gründe. Denn bei der Blechherstellung, etwa beim Walzprozess oder beim Zuschnitt, kommt es zu Spannungen und Unebenheiten, die sich negativ auf anschließende Weiterverarbeitung auswirken. So ist die Vorbereitung von ungerichtetem Material für das Schweißen generell sehr aufwändig und beim Einsatz von Schweißrobotern sinkt die Prozesssicherheit und die Schweißdauer steigt. Dies führt zu höheren Prozesskosten und erhöhter Wärmeeinwirkung, die wiederum zu weiteren Spannungen führt.

Albert Reiss, Arku
Albert Reiss, Arku (Foto: B. Valnion)

Am Stammsitz produziert Arku nicht nur Richtmaschinen, sondern auch schlüsselfertige Anlagen zur Coil-Verarbeitung (Coil: auf Rollen aufgewickelte Blechbahnen). Tochterfirmen in Cincinnati, USA, und Kunshan, China, sowie das weltweite Vertreter- und Servicenetzwerk sind Ausdruck von internationaler Präsenz, die von einem Weltmarktführer erwartet wird. Der geschäftsführende Gesellschafter Albert Reiss stellt sich den Fragen der Redaktion zum Innovationsentstehungsprozess.

Herr Reiss, was macht den Charme Ihres Betriebs aus?

Wir sind wirtschaftlich ein sehr solides, eigentümergeführtes Unternehmen. Wir bieten sichere Arbeitsplätze, zumindest war dies in der Vergangenheit so, und wir sind über viele Jahrzehnte hinweg gewachsen. Wir setzen auf kurze Entscheidungswege. Der Umsatz beläuft sich auf mehr als 50 Millionen Euro. Mit den anderen Niederlassungen findet ein reger Austausch statt, mit anderen Worten: Bei uns ist Abwechslung angesagt.

Wie ist Arkus Portfolios strukturiert?

Wir liefern das komplette Programm an Richtmaschinen: von der Präzisionsrichtmaschine für Blechteile bis zur Hochleistungsrichtmaschine für Coil-Material. Wir integrieren Richtmaschinen in schlüsselfertige Pressenvorschub-, Zuschneide- und Bandvorbereitungsanlagen für Profilierer.­ Neu im Portfolio sind unsere Entgratmaschinen zum schnellen, wirtschaftlichen Entgraten, Verrunden und Oxidschichtentfernen.

Sie erwähnten das Entgraten. Seit wann werden die neuen Maschinen angeboten und was bewegte Sie, sich diesem Thema anzunehmen?

Entgraten ist noch relativ neu für uns. Wir bieten diese Maschinen seit Anfang letzten Jahres an. Dieser Schritt war insofern logisch, weil uns stets die Qualitätsverbesserung in der Blechverarbeitung vorantreibt: Blechteile müssen verstärkt ausgerichtet werden, damit sie im Anschluss automatisch mit Robotern bearbeitet werden können.
Blechteile werden oftmals geschnitten und sollten idealerweise keinen Grat haben, weil der Grat der Verarbeitungsmaschinen beschädigen kann. Außerdem kann man sich an Grate verletzen, so dass im Grunde genommen keiner diese scharfen Kanten haben möchte.

Wie lange hat es gedauert, den neuen Maschinentyp auf den Markt zu bringen?

Länger, als zunächst geplant. Und es hat auch deutlich mehr gekostet. Es war für uns eine völlig neue Materie und wir traten mit hohem Anspruch an uns selbst an. Die ersten Maschinen sollten bereits prozesssicher laufen…

…letztlich aber war die Markteinführung doch erfolgreich, oder?

Lassen Sie es mich einmal so ausdrücken: Ich habe großen Respekt vor Firmen, die mit neuen Maschinentypen ein neues Klientel ansprechen wollen. Das ist ein großer Kraftakt, zunächst für die Entwicklung, dann noch mehr für Marketing und Vertrieb. Wir haben uns für dieses Jahr Ziele gesetzt, bei denen ich zuversichtlich bin, das wir sie erreichen werden. Aber: Die neuen Maschinen sind keine Selbstläufer.

Warum?

Na ja, wir rennen keine offenen Türen ein, weil wir uns damit in einem Terrain bewegen, in dem es viele Wettbewerber gibt. Dies kennen wir von unseren Präzisionsrichtmaschinen in dieser Form nicht. Denn dort sind wir Weltmarktführer. Und hier finden wir uns plötzlich in der Rolle des Newcomers wieder.

Ich vermute mal, dass sich Ihre Planungen für die neuen Maschinen am angestammten Markt orientierten?

Ganz genau!

Interessant. Spüren Sie Interesse seitens Ihrer Kunden, so dass Sie sich gezwungen sehen, mehr in Richtung Industrie 4.0 anzubieten?

Ja, ja, jeder redet darüber. Es ist in der Industrie inzwischen zum Thema Nummer 1 geworden. Wenn wir Unternehmer uns bei Mittagessen treffen, dauert es nicht lange, bis die Frage zur Sprache kommt: Was macht Ihr denn in dieser Hinsicht? Wir profitieren in gewisser Hinsicht davon, denn Richten und Entgraten sind Grundvoraussetzung bei der Automatisierung der Blechverarbeitung: Es müssen enge Toleranzen eingehalten werden, weil sonst der Roboter die Schweißnaht nicht trifft. Um die höheren Qualitätsansprüche erfüllen zu können, haben wir jetzt das automatische Messen von Ebenheiten über Lasermessungen integriert. Der nächste Schritt ist das automatisierte Aufbringen eines Barcodes, um die weiteren Schritte in der Produktion vorzubereiten. Mit anderen Worten, wir sind dran an dem Thema.

Sind Sie der Ansicht, dass sich der Produktentstehungsprozess in Zukunft ändern muss?

Wir reden hier von einem mechatronischen Baukasten. Früher wurde ja eine Werkzeugmaschine ausschließlich von der Mechanik her entwickelt und ihr dann mittels Automatisierung Leben eingehaucht. Das geht nun schon lange nicht mehr so, denn man muss diese beiden Disziplinen sehr früh zusammenbringen, um frühzeitig entscheiden zu können, ob man eine Aufgabenstellung durch Hardware oder durch Automatisierung löst.

Hohen Anteil an der Automatisierung hat die Software. Wie stehen Sie zu dieser Disziplin?

Softwareentwicklung ist für uns als Maschinenbauer eine sehr große Herausforderung, weil wir nicht genug Mitarbeiter in diesem Bereich bekommen. Ich glaube, dass dies eine strategische Knappheit ist. Es geht um die Frage, wie man einen Informatiker dazu bringt, sich in die Niederungen des Maschinenbaus zu begeben. Wir bilden jetzt selbst aus, was natürlich langwierig ist. Unsere Auszubildenden werden wir auch nicht alle halten können, sie werden teilweise in Softwarehäuser abwandern, wo man sich nicht in der Produktion schmutzig macht. Ich glaube, jeder zweite Informatikstudent konzentriert sich auf die Spieleentwicklung, darauf, Apps zu entwickeln, um damit möglichst schnell reich zu werden – jetzt einmal überspitzt formuliert. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass unsere Mitarbeiter in der Software eine gewisse Affinität zum Maschinenbau mitbringen müssen. Am besten, sie haben in dem Bereich bereits eine Ausbildung absolviert, oder haben Maschinenbau studiert, und entwickeln dann ein Faible für Software.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten?

Es läuft gut, aber oftmals sind die Mitarbeiter dort nur eine gewisse Zeit verfügbar. Sie schließen ihr Studium oder Promotion ab und sind dann weg. Wir sind zwar ein attraktiver Arbeitgeber im Bereich Maschinenbau, konkurrieren aber mit anderen Branchen und Firmen wie SAP.

Sehen Sie die Chance einer Unterstützung durch externe Dienstleister?

Klar, das nutzen wir auch. Anders geht es ja gar nicht.

Sie haben es zuvor ja bereits auf den Punkt gebracht: Innovation bedeutet, man geht in angrenzende Bereiche des angestammten, sehr erfolgreich bearbeiteten Marktes. Dies entspricht der evolutionären Weiterentwicklung. Und dann wird man plötzlich mit Herausforderungen konfrontiert, die man so nicht kannte…

…völlig richtig. Hinzu kommt, dass der Dienstleistungsanteil immer weiter zunimmt. Wir bieten zum Beispiel Beratung an und im Bereich Richten und Entgraten Lohnarbeit. Wir sind gezwungen, unser Geschäftsmodell aufzuweiten, selbst wenn man in einer Nische tätig ist, muss man links und rechts noch etwas dazu nehmen, um Mehrwert für den Kunden zu bieten…

…Sie blicken so konzentriert: Macht es Ihnen Spaß?

Ja, ja, auf jeden Fall. Aber man muss sehr wachsam sein!

Vielen Dank für die Stellungnahme!
Interview: Bernhard D. Valnion